Teamgeist und Innovation gehen Hand in Hand. Für Fortschritt und Wachstum müsse die Komfortzone verlassen werden. Wirtschaft und Politik sollten mehr zusammenarbeiten, um die Nachhaltigkeitsziele erreichen zu können.
Die Konjunktur schwächelt. Die weltpolitischen Verwerfungen mit Kriegen und die noch nicht ganz überwundenen Folgen der Pandemie werfen Schatten auch über die Thurgauer Wirtschaft. Und doch konnte die 27. Veranstaltung des Thurgauer Wirtschaftsforums auch Hoffnung verbreiten. Der Thurgauer Regierungspräsident Urs Martin forderte dazu auf, die aktuellen Herausforderungen anzunehmen und als Chance zu sehen, noch besser zu werden. Der Leiter des Amtes für Wirtschaft und Arbeit, Daniel Wessner kündigte neue Projekte zur Stärkung der Thurgauer Wirtschaft an.
Thomas Koller, CEO der Thurgauer Kantonalbank sagte, dass das Team im Vordergrund stehe. Innovationen könnten nur im Team weiter entwickelt werden. Wobei Unternehmerin Diana Gutjahr auch betonte, dass es irgendwann dann jemand brauche, der sagt wo es lang geht. Allerdings gehört für sie die patriarchalische Unternehmensführung doch eher der Vergangenheit an. Aber sie vermisse gerade bei der sogenannten Generation Z, auch das Engagement.
«Der Mensch ist ein strebsames Wesen»
Die Zürcher Wirtschaftsphilosophin und Publizistin Katja Gentinetta sagt zur viel zitierten Generation Z: «Ich nenne sie Generation Anspruchsvoll.» Sie erklärte aber auch, dass es im Wesen des Menschen liege, für Fortschritt zu sorgen und zitierte Aristoteles mit «Der Mensch ist ein strebsames Wesen. »Es gehe nicht immer linear aufwärts, sondern man müsse sich Herausforderungen stellen und dafür die Komfortzone verlassen.
Sie identifizierte in dieser Hinsicht drei Schwerpunkte: Die grösste Herausforderung sei das Verhältnis der Schweiz zur EU. Weiter thematisierte sie die Spaltung der Gesellschaft, wobei gerade durch die Medien ein irreführendes Bild entstehe. Ja, es gebe die Ränder der radikalen lauten Minderheiten. Die Mehrheit sei aber sehr viel grösser. Die dritte Herausforderung ist auch für sie die Generation Z auf die man sich nicht so recht verlassen könne. Weiter plädierte sie dafür, dass sich Wirtschaft und Politik mehr als Partner sehen sollten, um die aktuellen und kommenden Herausforderungen bewältigen zu können. Explizit nannte sie hier die Nachhaltigkeitsziele.
Der Mercedes unter den Küchen
Mit Nachhaltigkeit kennt sich Ipek Demirtas, CEO der Forster Swiss Home AG aus. 2017 hat die ehemalige Finanzchefin des deutschen Küchenbauers Alno die maroden Forster Küchen übernommen, kurz bevor das Traditionsunternehmen untergegangen wäre. Demirtas hat in der Firma aufgeräumt und hat eine neue Unternehmenskultur implantiert. Sie fährt eine klare Linie und hat Erfolg damit. Das Unternehmen hat sich berappelt und ist stark gewachsen. Sie sucht junge Menschen, die brennen. Wer nur halbherzig engagiert daherkommt wird trotz Fachkräftemangel erst gar nicht eingestellt. Bei der Übernahme hatte Forster 80 Angestellte. Heute arbeiten 180 Mitarbeitende bei der Forster Swiss Home AG. Der Umsatz ist von von 12 auf 45 Millionen Franken gestiegen. In zwei bis drei Jahren sollen es 100 Millionen sein, verkündete sie. Die Auftragsbücher sind voll und weiteres Wachstum ist vorprogrammiert.
Man müsse den Menschen einen Sinn für ihre Arbeit geben, sagt sie. Und etwas, worauf sie auch stolz sein könnten. So habe sie ihren Mitarbeitenden immer und immer wieder erklärt, dass sie den Mercedes der Küchen bauen. Die Stahlküchen von Forster hätten eine Lebenszeit von mindestens 60 Jahren. Sie seien zu 40 Prozent schon jetzt recyclierbar, was sie sehr nachhaltig machen. «Wir haben die nachhaltigste Küche der Welt», betont Demirtas.
«Werte haben ihren Preis»
Wenn es noch eines Beleges bedurfte woher Demirtas die Kraft für ihren Erfolg, für den Aufbau des Unternehmens nimmt, dann ist das ihre Lebensgeschichte. Geboren in einem kleinen ostanatolischen Dorf, hat sie mit Talent und Eifer eine mehr als bemerkenswerte Karriere hingelegt. Diese war von Hochs und Tiefs begleitet. Doch ihr Pochen auf Werte habe sich ausgezahlt. «Werte haben ihren Preis,» sagt sie. Zu diesen Werten gehört ihr Drang, Herausforderungen anzunehmen und über sich selbst hinauszuwachsen. «Glauben Sie mir, wir kennen unsere Grenzen noch gar nicht», und sie fordert dazu auf, diese auszuloten und eben die Komfortzone zu verlassen.
Sternekoch bei McDonald’s
Diese hat auch der Thurgauer des Jahres verlassen. Sternekoch Silvio Germann führt das Restaurant Mammertsberg seit einem Jahr und ist bereits zum Koch des Jahres in der Schweiz gewählt worden. Gegenüber Moderatorin Mona Vetsch und David Angst, Chefredaktor der Thurgauer Zeitung, gab er sogar zu, jüngst auch schon mal Essen bei McDonald’s geholt zu haben.
Bevor Daniel Ettlinger, CEO der Veranstalterin Galledia Group, den Anlass beendete, sprach noch Ivo Germann, Leiter der Direktion Aussenwirtschaft im Staatssekretariat für Wirtschaft Seco. Er vertrat Direktorin Helene Budliger Artieda, die wegen des Staatsbesuchs von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron absagen musste. Germann präsentierte ein Staatssekretariat, das sich aufmacht, dynamischer und präsenter zu werden. Obwohl die Wertschöpfung in der Industrie in jüngster Zeit zurückgegangen sei, erklärte er in Bezug auf die Schweizer Wirtschaft, werde diese weiter wachsen, wenn auch in gebremstem Tempo.
Quellenverzeichnis: thurgauerzeitung.ch. Thurgauer Wirtschaft trifft sich in Weinfelden: Die Forsterchefin sucht junge Menschen, die brennen – und ein Sternekoch geht zu McDonald’s (17.11.2023). Abgerufen von https://www.thurgauerzeitung.ch/wirtschaft